- Gogh
- Gogh[goːk, gɔx, niederländisch xɔx], Vincent Willem van, niederländischer Maler, * Groot-Zundert (bei Breda) 30. 3. 1853, ✝ (Selbstmord) Auvers-sur-Oise (Département Val-d'Oise) 29. 7. 1890; Sohn eines protestantischen Pastors. Nach erfolgloser Tätigkeit in der Haager, Londoner und Pariser Filiale der Kunsthandlung Goupil (1869-76) und dem missglückten Versuch, im belgischen Kohlenrevier Borinage als Prediger zu wirken (1878-80), wandte er sich ganz der künstlerischen Tätigkeit zu. Als Autodidakt schulte er seine Malweise an Werken von F. Hals und Rembrandt sowie der Haager Schule (A. Mauve, J. Israels). Seine Sujets waren v. a. Bauern und Arbeiter. 1882-85 malte er, vorwiegend in Den Haag und Nuenen, dunkle, tonige Bilder (»Strand von Scheveningen«, 1882; »Die Kartoffelesser«, 1885; beide Amsterdam, Rijksmuseum V. van Gogh), mit denen er an die niederländische Tradition anknüpfte. Ein kurzer Aufenthalt in Antwerpen bewirkte durch die Beschäftigung mit Bildern von P. P. Rubens und E. Delacroix eine lichtere Farbgebung. In Paris (1886-88) setzten sich schließlich durch die Konfrontation mit dem Impressionismus helle und reine Töne in seiner Malerei durch. Gogh übernahm vorübergehend die pointillistische Technik und ließ sich von japanischen Farbholzschnitten anregen (»Bildnis des Père Tanguy«, 1887; Privatsammlung). Im Februar 1888 übersiedelte er nach Arles, wo er in einem künstlerisch außerordentlich fruchtbaren Jahr seine bekanntesten Werke, v. a. Landschaften, schuf (»Boote am Strand«, Amsterdam, Rijksmuseum V. van Gogh; »Caféterrasse am Abend«, Otterloo, Rijksmuseum Kröller-Müller; »Le Pont de Langlois«, ebenda). In Arles fand er zu einer Synthese aus flächenhaften, linear umgrenzten Formen und komplementär gesetzten, reinen Farben; ferner entwickelte er hier seine Technik der Rohrfederzeichnung. Gemeinsam mit P. Gauguin wollte er eine Künstlerkolonie gründen; das Zusammenleben der beiden gegensätzlichen Maler endete jedoch mit einem Zusammenbruch Goghs im Dezember 1888. Nach einer Selbstverstümmelung (er schnitt sich ein Ohr ab) und wiederholten Anfällen (bisher als Zeichen geistiger Verwirrung gedeutet, doch nach neuesten Erkenntnissen wahrscheinlich Folgen einer Erkrankung des Innenohrs) ging Gogh im Mai 1889 in die Heilanstalt von Saint-Rémy-de-Provence (Département Bouches-du-Rhône). Es entstanden Gemälde von hoher Ausdruckskraft, die ganz von einem zeichnerischen, rhythmisch bewegten Duktus bestimmt sind (»Sternennacht«, 1889; New York, Museum of Modern Art). Dort kopierte er auch Werke anderer Meister, u. a. Bilder von J. F. Millet und E. Delacroix (»Pietà nach Delacroix, 1889; Amsterdam, Rijksmuseum V. van Gogh). Im Mai 1890 begab er sich nach Auvers-sur-Oise in die Obhut des Arztes und Kunstliebhabers Paul Gachet (* 1828, ✝ 1909). In der folgenden kurzen Schaffensperiode wurden die Formen seiner ornamentalen Gestaltungsweise aufgebrochen und ihre Rudimente zugunsten einer absoluten Bildwirkung verselbstständigt (»Weizenfeld mit Raben«, 1890; Amsterdam, Rijksmuseum V. van Gogh). - Gogh wurde jahrelang von seinem Bruder Theo (* 1857, ✝ 1891) finanziell und ideell gefördert. Seinen extremen Lebensweg spiegeln nicht nur viele Selbstbildnisse, sondern auch die zahlreichen dokumentarisch und literarisch wertvollen Briefe wider. Sein Œuvre, von dem v. a. Fauvismus und Expressionismus wichtige Impulse empfingen, ist für die Kunst des 20. Jahrhunderts von grundlegender Bedeutung.Ausgaben: Sämtliche Briefe, herausgegeben von F. Erpel, 6 Bände (Neuausgabe 1967-68); Briefe an den Bruder Theo, herausgegeben von demselben, 2 Bände (aus dem Englischen und Französischen, 1982).R. Huyghe: V. G. (a. d. Frz., 1967);The works of V. v. G., hg. v. J. B. De La Faille (Neuausg. New York 1970);H. Keller: V. v. G. (21977);E. van Uitert: V. v. G. (a. d. Niederländ., 21977);V. v. G. Zeichnungen, hg. v. E. van Uitert (a. d. Niederländ., 1977);V. G., hg. v. H. Scrépel (1978);M. Schapiro: V. G. (a. d. Amerikan., 21978);R. Wallace: V. G. u. seine Zeit (a. d. Engl., Amsterdam 91978);J. Hulsker: The complete V. G. (a. d. Niederländ., Neuausg. Oxford 1980);B. Zurcher: V. v. G. (a. d. Frz., 1985);R. Pickvance: V. G. in Saint Rémy and Auvers, Ausst.-Kat. (New York 1986);E. Ruprecht: V. v. G. (1987);V. v. G., bearb. v. J. van der Wolk u. a., Ausst.-Kat. Rijksmuseum, Amsterdam (1990);M. Arnold: V. v. G. Biographie (1993);M. Arnold: V. v. G. - Werke u. Wirkung (1995);Van G. u. die Haager Schule, hg. v. R. Dorn u. a. (Mailand 1996).
Universal-Lexikon. 2012.